Fast die Hälfte (48 Prozent) aller lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender, trans- und intersexuellen sowie queeren Menschen in Brandenburg haben innerhalb der vergangenen fünf Jahre Diskriminierung erfahren. Das sind die Ergebnisse einer Online-Befragung, die Sozialministerin Diana Golze am 26. Februar 2018 bei einem Fachgespräch in Potsdam vorgestellt hat. Golze: „Die Ergebnisse der Studie machen betroffen. Trans*Menschen leiden besonders stark unter Ausgrenzung. Zu denken gibt mir auch, dass die Diskriminierungserfahrungen von Jugendlichen in ihren Familien und der Schule als stark belastend empfunden werden – in einer Entwicklungsphase rund um ihr eigenes Coming-out, in der sie eigentlich besondere Sicherheit und Geborgenheit brauchen. Die Studie zeigt, dass queere Menschen bei aller rechtlichen Gleichstellung in der Praxis oft noch benachteiligt oder ausgegrenzt werden.“
Die Befragung wurde im Rahmen der Erarbeitung des „Aktionsplans für Akzeptanz von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt, für Selbstbestimmung und gegen Homo- und Transphobie in Brandenburg“ (kurz: „Aktionsplan Queeres Brandenburg“) durchgeführt. Erkenntnisse sind in den Aktionsplanprozess eingeflossen. Mehr als 300 Menschen haben über die Online-Plattform Auskunft zu ihren Erfahrungen in verschiedenen Lebenssituationen gegeben – von der Familie über Schule, Beruf, Sportverein, Arztpraxis bis hin zur Polizeiwache.
Einige Ergebnisse der Online-Befragung:
- Am häufigsten waren mit 77 Prozent Transsexuelle und Transgender von Diskriminierung betroffen. Bei Lesben waren es 54 Prozent, bei Schwulen 41 Prozent und bei Bisexuellen 32 Prozent.
- Die Diskriminierungserfahrungen waren in der Stadt mit 53 Prozent wesentlich höher als auf dem Land (39 Prozent) – was möglicherweise daran liegen könnte, dass die Menschen anders als in der Stadt dort öfter ihre Identität nicht preisgeben. Hauptorte der Diskriminierung waren die Familie und der öffentliche Raum, in der jeweils 43 Prozent der Betroffenen negative Erfahrungen machten. In Freizeit und Schule waren es jeweils 41 Prozent. An Hochschulen (18 Prozent) sowie bei Polizei und in der Justiz (14 Prozent) wurde vergleichsweise von wenig negativen Erfahrungen berichtet.
- Im Bildungssektor insgesamt gab es weniger Diskriminierung als bei vergleichbaren Befragungen in anderen Bundesländern. In Brandenburg haben „nur“ 41 Prozent der Befragten negative Erfahrungen an Schulen und 18 Prozent an Hochschulen gemacht. In Baden-Württemberg waren es 77 Prozent an den Schulen und 55 Prozent an den Hochschulen. Aber: Hierzulande hat sich nur ein Viertel der Befragten gegenüber dem Lehrpersonal und nur die Hälfte gegenüber den Gleichaltrigen geoutet.
- Am Arbeits- oder Ausbildungsplatz sehen sich 38 Prozent der Befragten diskriminiert – durch Nicht-Ernstnehmen, Lästern, unangenehme Witze bis hin zu Nachteilen beispielsweise bei der Stellenvergabe oder der beruflichen Weiterentwicklung.
- Jede sechste befragte Person erlebte innerhalb der vergangenen fünf Jahre Gewalt oder ein Verbrechen aufgrund der sexuellen Orientierung oder der geschlechtlichen Identität. Die Dunkelziffer ist hoch: Nur ein knappes Drittel der Angriffe wird angezeigt. Dabei fühlten sich die Betroffenen von der Polizei mehrheitlich ernstgenommen und erlebten entgegen ihrer Erwartungen eine sachliche und kompetente Bearbeitung ihres Falls.
Im Rahmen des Fachaustausches zum "Aktionsplan Queeres Brandenburg" kam es auch zu einigen Projektvorstellungen. So stellte u. a. Polizeioberkommissar Marco Klingberg seine Arbeit als Ansprechperson für LSBTI* Belange im Polizeipräsidium Land Brandenburg vor.