Das Mitarbeiternetzwerk für LSBT in Polizei, Justiz und Zoll
In Magdeburg wurde am 07.05.22 die Gründungsversammlung zur neuen VelsPol Landesorganisation VelsPol Sachsen-Anhalt (VelsPol LSA e.V.) abgehalten. Dabei konnte der Bundesvorstand, der zu diesem Zeitpunkt eine Klausurtagung in Hannover hatte, digital zugeschaltet werden und Teil der Geburtsstunde werden.
In einer Begrüßungsrede von Diana Gläßer, Bundesvorsitzende von VelsPol Deutschland, wurden neben den Glückwünschen zur Neugründung der Landesorganisation auch die Forderungen benannt wofür VelsPol Deutschland steht. Im Mittelpunkt stand dabei, dass VelsPol sich differenziert für die Belange von LSBTIQ Menschen einsetzen möchte und sich der Intersektionalität der Diskriminierungsmechanismen bewusst machen will, um diese zu bekämpfen.
Diana Gläßer stellt dabei klar: „Wenn Vorgesetzte den Ansprechpersonen LSBTI* in der Polizei, wie zum Beispiel in Sachsen-Anhalt schon vor Amtsantritt einen „Maulkorb“ verpassen, dann erweckt die Einrichtung von diesen Ansprechstellen schon sehr den Anschein von „pink washing“. Solche Vorgehensweisen müssen aufgedeckt, benannt und kritisiert werden,“ so Diana Gläßer weiter. „Daher ist es auch folgerichtig und genau die richtige Motivation eine Landesorganisation in Sachsen-Anhalt zu gründen. Wenn wir viele sind und uns vernetzen, können wir unsere Ziele für mehr Queerness in der Polizei gemeinsam durchbringen,“ so Diana Gläßer.
VelsPol Sachsen-Anhalt wird Teil des bundesweit agierenden Netzwerkes von VelsPol Deutschland und die Gründer*innen haben sich große Ziele gesetzt. Dazu erklärt Grit Merker, Mitglied im Vorstand VelsPol LSA:
„Die Polizei als Organisation ist sehr homogen und männlich geprägt. Diskriminierung ist ein breites Phänomen, Alltagssexismus und Homo- sowie Trans*feindlichkeit sind keineSeltenheit. Dies führt oftmals zu einem angespannten Arbeitsklima für LSBTIQ*-Polizeibedienstete. Zudem führt anhaltende Diskriminierung nicht zu einer Verbesserung des ohnehin schon belasteten Verhältnisses zwischen der LSBTIQ*-Gemeinschaft und der Polizei. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, auf unseren Ebenen zum Abbau von Vorurteilen und Diskriminierung gegenüber queerenMenschen beizutragen und sie bei der Verwirkli-chung und Wahrung ihrer Menschenwürde – im beruflichen wie im privaten Bereich – zu unterstützen.“
Maria Schmidt, ebenfalls Mitglied im Vorstand ergänzt: „VelsPol LSA e. V. wird sich in den politischen Bildungs- und Gestaltungsprozess des Landes Sachsen-Anhalt einbringen, um die Akzeptanzförderung sexueller und geschlechtlicher Vielfalt und damit die rechtliche Gleichstellung weiter voranzubringen. Dazu gehört auch, die Tätigkeit der haupt- und nebenamtlichen Ansprechpersonen für LSBTTI-Belange (AP LSBTTI) bei der Polizei Sachsen-Anhalt zu unterstützen und deren Entwicklung konstruktiv zu begleiten.“
VelsPol Deutschland wünscht der neuen Landesorganisation viel Erfolg und eine gute Zusammenarbeit, um die Polizei Sachsen-Anhalt ein großes Stück queersensibler zu gestalten.
Die 215. Innenministerkonferenz hat ein klares Signal gegen queerfeindliche Hasskriminalität gesetzt.
Erstmalig in diesem Jahr fasste die Innenministerkonferenz einen Beschluss zur Bekämpfung von Hasskriminalität gegen LSBTIQ*.
„Nach jahrzehntelangen Forderungen von VelsPol Deutschland und den Landesverbänden von VelsPol, die Straftaten sichtbar zu machen und die Verfolgung von Hasskriminalität gegen LSBTIQ* ernst zu nehmen, hat man nun endlich auf politisch höchster Ebene einen Beschluss gefasst, der Hoffnung macht“, so Diana Gläßer Vorsitzende von VelsPol Deutschland. Der neue Vorstand von VelsPol Deutschland, der seit dem 19.11.2021 im Amt ist, begrüßt die Stuttgarter Erklärung zur Bekämpfung von Hass und Hetze, sowie explizit die Beschlüsse zur Bekämpfung queerfeindlicher Gewalt in der Gesellschaft.
„Die Dunkelziffer im Bereich der LSBTIQ*-feindlichen Straftaten liegt bei über 90 Prozent. Wir fordern schon lange, dass den Opfern endlich Gerechtigkeit widerfährt und wollen ihnen Gehör verschaffen. Mit diesem Beschluss kommt bei queeren Menschen ein Signal der Unterstützung an“, so Diana Gläßer.
„Wenn das Ausmaß der Straftaten gegen LSBTIQ* Menschen endlich sichtbar wird, wird die Sensibilität dafür auch in der Gesamtgesellschaft steigen“, erklärt Thomas Ulmer, stellvertretender Vorsitzender von VelsPol Deutschland. „Präventionsprojekte können so deutlich gezielter eingesetzt werden und dann ihre volle Wirkung entfalten“, so Ulmer ergänzend.
In dem Artikel vom 15.Mai 2021 berichtet Queer, dass die CSD- Veranstalter in New York queere PolizistInnen nicht mehr in der CSD- Parade zulassen wollen. Der VelsPol Deutschland bedauert diese Entscheidung und hält sie für kontraproduktiv.
Während die queere Emanzipationsbewegung ihre Ursprünge bereits in den 70er Jahren feierte und für ihre Rechte kämpfte, war der Weg für queere Menschen in der Polizei ein wesentlich längerer. Erst Mitte der 90er Jahre gründeten sich in Deutschland die Vorläuferorganisationen, die heute einheitlich in den Ländern unter dem Namen „VelsPol“ bekannt sind und sich für Gleichberechtigung und Akzeptanz engagierten und bis heute engagieren. Eine Sache war es, 1994 den Restbestand des § 175 aus dem Strafgesetzbuch zu tilgen - eine andere war es die überlebende Einstellung von Homosexualität als etwas „kriminelles“ in den Köpfen, insbesondere der Polizeiführung, zu verändern und die widerkehrenden Versuche von Kriminalisierung oder Speicherung queerer Menschen zu verhindern und zu beenden.
Diese Veränderungen waren nur von innen her möglich, durch das Engagement queerer Polizistinnen und Polizisten. Die ersten der Stunde erlebten Mobbing und Diskriminierungen, getrieben bis inKündigung oder Selbstmord. Der derzeitige Zeitgeist von Populismus und Radikalisierung führt uns wieder zurück in die 80er Jahre, die erkämpften Errungenschaften gehen verloren. Es wird wieder ausgegrenzt in „Die“ und „Wir“, nicht nur in der queeren Welt, und Feindbilder geschaffen. Das Totschweigen von Homosexualität in der Polizei hat längst wieder begonnen.
In „Aktionsplänen gegen Rassismus“ werden homophobe Aspekte „vergessen“, wobei die Anfeindung beider betroffenen Gruppen Hand in Hand geht.
Welche Lösung oder welchen Mehrwert liegt in einem Ausschluss queerer Menschen und Interessensvertretungen von einer queeren Veranstaltung bzw. Demonstration Und vor allem- in wessem Interesse liegt der Ausschluss? Ein pauschaler Ausschluss queerer Polizistinnen und Polizisten, entspricht dem Zeitgeist des Ausgrenzens, des Auseinanderdividierens in „Die“ und „Wir“ und negiert die Pluralität in der queeren Community, was nur Populisten erfreuen kann.
Es bleibt zu hoffen, dass diese unsägliche Entwicklung in Deutschland nicht Einzug hält. Das wäre aus unserer Sicht ein gewaltiger Rückschritt und ein Schlag gegen eine gesamte, politisch stark engagierte Generation, die die heutigen Errungenschaften erkämpft hatte.
Insofern erklären wir uns mit den aus der New Yorker Parade ausgeschlossenen Polizistinnen und Polizisten solidarisch.
Die Menschen der queeren Community werden in ihrer ganzen Bandbreite durch Artikel 3 GG geschützt.
Die Fraktionen des Deutschen Bundestags beraten zurzeit über eine Änderung des Artikels 3, Absatz 3 Grundgesetz. Neben einer Ersetzung des Rassebegriffs ist es von historischer Bedeutung, in diesem Zuge endlich einen Diskriminierungsschutz für sexuelle und geschlechtliche Minderheiten festzuschreiben. An der Selbstbestimmung und Gleichberechtigung aller Menschen der queeren Community darf die Verfassung keinen Zweifel lassen.
Anstößige Berichterstattungen folgen widerwärtiger Tat
Am 04. Oktober 2020 wurde ein schwules Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen in Dresden gezielt von einem homophoben Islamisten mit einem Messer attackiert und ein Mann dabei ermordet. Direkt danach wurde die Tat von Behörden und Medien nicht als homophobes Hassverbrechen gegen ein schwules Ehepaar benannt, sondern als Angriff gegen ein Touristenpaar deklariert, obwohl die Motivation des Täters schnell bekannt war. Die Ehe der Opfer wurde herabgesetzt und das homophobe Hassverbrechen heruntergespielt - wir berichteten.
Auch aktuell zur Anklageerhebung berichtet eine große Zahl von Print- und TV- Medien nicht über den Kerngehalt des Anschlags, sondern weiterhin von einem Messerangriff gegen Touristen.
Es ist nicht hinnehmbar, dass hassgeleitete homophobe Angriffe nicht als solche benannt und publiziert werden. Damit wird Hasskriminalität heruntergespielt, die Ehe und die Ehre der Opfer herabgesetzt und die Öffentlichkeit nicht über den Kerngehalt des Hassverbrechens informiert.
Wir fordern Polizei, Staatsanwaltschaft und Medien auf, homo- und transphobe Hassdelikte als solche zu benennen und die Öffentlichkeit über die zugrunde liegende Tätermotivation zu informieren!
Jeder kennt den Satz: Die Polizei ist ein Spiegel der Gesellschaft.
Für die einen bedeutet das, die Polizei ändert sich mit ihr, kann aber auch nicht schneller sein als sie. Für die anderen bedeutet das, dass gesellschaftliche Diversität auch in der Polizei sichtbar sein muss. Was bedeutet es aber für die Polizist*innen selbst, die „divers“, „anders“ sind? Die Autorinnen Dr. Verena Molitor (Universität Bielefeld) und Prof. Dr. Tatiana Zimenkova (Hochschule Rhein-Waal) stellen die Ergebnisse ihrer Forschungen dar und erläutern Vorschläge.